Der Besuch des Bücherregals ~ Relikt, Ruhespender und Hektikbremse.

Foto © Ole Paland
Foto © Ole Paland

Da stand ich nun vor meinem riesigen Regal und den vielen Büchern, betrachtete die geordnete Unordnung und fand, dass der Tag gekommen war, wieder zauberhafte Reihen zu formen, auszumisten und dem Ganzen einen Rahmen zu geben.
In der Zwischenzeit selten als Nachschlagewerke oder für weitere Lesefreuden genutzt, fristeten sie ihr Dasein eigentlich nur noch als Dekoration und Gemütlichkeitsspender, denn was gibt es schöneres, als auf ein Ruhe ausstrahlendes Regal mit Büchern zu sehen und das geballte Wissen zu fühlen.
Wären Bücher allerdings fühlende Wesen, so wären meine in der Zwischenzeit sicher an Depressionen durch Langeweile und Nichtbeachtung „eingegangen“. Ihr Konkurrent -das Internet- macht es ihnen schwerer als früher, die Neugierde auf sie zu ziehen. Sitzt Menschlein vielfach tagtäglich sowieso schon an der Verbindungsstelle zum großen World Wide Web, so ist es ein Einfaches mal eben das leckere Kochrezept zu suchen oder die wichtige Frage (in alle Richtungen dehnbar) beantwortet zu bekommen. Die kleinen flachen EBooks,- elegant, handlich und überall nutzbar, tänzeln vor ihnen, wie junge hippe Laufstegmodells, die auf träge, störrische und „altmodische“ Papierberge hinab gucken.

So betrachte ich drei dicke Bände eines alten Lexikons, wissend, dass ich dort sicher nicht mehr hineinsehen werde. Ebenso ergeht es meinem genialen PONS Handwörterbuch für Englisch ("Vollständige Neuentwicklung" steht werbend auf dem Einschlag).


Ich beguckte meine unsagbar vielen Bücher und machte mich zunächst an die Reihe, meiner Kräuter- und Heilbücher, Garten-, Handwerks-, Kunst-, Hobbybücher und dann an meine Kochbücher.
Dabei wurde mir wieder klar, welch wunderbare Werke ich besitze und, dass ich, selbst wenn ich wollte, deren Rezepte in 100 Jahren nicht nachkochen könnte.


Mutig versuchte ich also, einige davon auszusortieren, was mir einfach nicht gelingen wollte. Neiiiin, vielleicht will ich ja doch noch mal rein sehen!!!!
Die zusätzlichen Zeitungsausschnitte mit den Köstlichkeiten aus vielen Ländern wollten auch dezimiert werden. Dabei blieb es dann auch!


Ich brütete erneut über schmackhaften Kochideen, machte verschiedene Stapel für die, die weggeworfen, die, die vielleicht weggeworfen und die, die aufgehoben werden MUSSTEN. Der Stapel der wegzuwerfenden Rezepte blieb klein und auch verließ kein Kochbuch die Reihen.
Danach arbeitete ich mich durch Thriller , Romane, Reklamhefte und Reiseführer.


So verbrachten mein Bücherregal und ich mehrere Stunden miteinander, in denen meine Gedanken oft mit den Werken verbunden waren und vom eigentlichen Sortieren und ausmisten abgelenkt wurden. Seite für Seite mit Freude betrachtend beschloss ich ihnen zukünftig wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken, weil sie einst schafften mein Interesse zu wecken und von mir gekauft (und zum Teil vergessen) wurden.

 
Gerade jetzt in der kühleren Zeit, in der es schnell dunkel ist und die Kerzen wieder Gemütlichkeit in Räume bringen, macht es Freude sich in eine Decke gehüllt aufs Sofa zu verkrümeln.
Ich habe beschlossen, meine ganzen Sachbücher nach und nach zu durchforsten, das eine oder andere Buch noch einmal zu lesen und ihnen so die Achtung zu zollen, die sie verdienen.
Und einiges haben sie den Ebooks und anderen Elektronikversionen eindeutig voraus: Wenn mal der Strom ausfällt, sind sie immer noch da. Sie können berührt werden, wir hören die Seiten beim Blättern, sie sind umweltfreundlich (weil stromsparend), man kann sie gut verborgen, man kann wundervolle Widmungen in sie schreiben und beim Betrachten an den Inhalt denken und sich freuen, dass man sie hat.


In diesem Sinne…. Besucht mal euer Bücherregal :)

 

 

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