Agatha sucht ein Mannsbild

Ich erinnere mich an eine Zeit, in der meine Mutter in vielen Situationen mit Sprichworten aufwartete. Irgendwie schien es fast so, als gäbe es für alles Mögliche irgendeinen „Siehste- Satz“, der die jeweilige Aktion nachträglich klarstellte oder der im Voraus darlegte, was passieren würde – wenn!
Auch wenn ich diese 80%igen Weisheiten damals etwas nervig fand, schienen sie sich trotzdem in meinem noch jungen Kinderhirn ein bleibendes Plätzchen gesucht zu haben.
Sie beschlossen in späteren Jahren immer mal über meine Lippen huschen zu wollen, um ebenfalls kleine weise Beiträge zu leisten, was mich stutzig machte.

Als wieder einmal ein Sprichwort meine Hirnwindungen verwirrte überlegte ich, dass es super witzig sein müsse, eine Geschichte aus dieser Vielfalt an „schlauen Sätzen“ zu kreiiren.
So machte ich mich mit den ganzen gespeicherten Sätzen meiner Schaltzentrale an die Arbeit.

Als Thema nahm ich mir vor, eine Frau darzustellen, die unter Einhaltung vieler Sprichworte einen Mann suchen musste…
Nun denn:

Foto © Elke Paland

Agatha sucht ein Mannsbild

Agatha (so nenne ich sie mal) hatte genug von der Langeweile auf ihrer friesischen Heimatinsel. Es gab ohne Ende Möwen, Sand, gute Luft und freundliche Friesen, aber geeignete Männer – Fehlanzeige! Schiffsbrüchige Männer wurden auch nicht angeschwemmt und selbst bei Ebbe kam keiner vom Festland rüber gelaufen.
Jeder kannte jeden und zu ihrem Töpfchen hatte sich das passende Deckelchen einfach nicht einfinden wollen.
Mit dem Trinken von leckerem Tee und geduldigem Warten hatte sie genug Zeit verbraten und so beschloss sie, die nächste Fähre zu nehmen und auf dem Festland ihr Glück zu versuchen.
 
Ihrer Mutter teilte sie ihren Entschluss gnädigerweise noch mit, aber die wollte sie gleich wieder mit „Kutterfred“ verkuppeln, was ihr schon die letzten Jahre nicht gelang.
Etwas verärgert über Agatha‘s Vorhaben rief sie ihr noch zu: „Von einem schönen Teller isst man nicht alleine“ und „lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“. Aber das prallte an ihr ab.

Es musste doch wahrlich noch ein passableres Mannsbild geben als Kutterfred und ehrlich, er passte nicht mal in die Kategorie Spatz- eher längerer Wattwurm, dachte sie sich und startete ihr Vorhaben.
Später ärgerte sie sich ein wenig über ihre Mutter und hätte ihr am liebsten noch nachträglich hinterhergerufen: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“.
 
Die Fähre legte am Festland an und Agatha schärfte ihren Blick auf das momentan Wesentliche: Männer!!!!
Da waren schon ein paar schnuckelige Exemplare dabei, aber es hing an allem Schnuckeligen auch immer irgendein ziemlich aufmerksames „Deckelchen“ dran, besonders wenn ihre „Tellerchen“ nicht unansehnlich waren ;-)
Egal, „das Leben ist kein Wunschkonzert“ und „wer A sagt muss eben auch B sagen“ - erst mal „in den sauren Apfel beißen“ und erkennen, dass nicht sofort alles in rosarote Wolken gehüllt sein kann.

Aber wie sollte sie denn nun vorgehen? Ah ja, nach braunäugigen Männern gucken, denen sagte man doch nach, dass sie zwar gefährlich, aber in der Liebe ehrlich wären. Vom braunäugigen Kutterfred ging allerdings weder eine Gefahr aus,
noch ...(ach nein, sie wollte gar nicht weiter denken – Kutterfred war ein NO GO).

Und ehrlich, es würde sich nicht gut machen, wenn sie mit ihrer Sehschwäche immer ganz nah an die Männer herantreten - und mit zusammen gekniffenen Augen nach deren Augenfarbe forschen müsste. Außerdem, was wäre das für ein erster Eindruck von ihr? Der zählte doch bekanntlich!
Es musste einen anderen Weg geben.

Gerade als sie den Hafen in Richtung Altstadt verließ und sich richtig gut damit fühlte nun ihr eigenes Glück zu schmieden, da traf sie ein "platschendes Möwenhäufchen" mitten auf den Kopf und dabei hieß es doch "alles Gute kommt von oben". Soll doch lieber ein Meister vom Himmel fallen, so ein netter, sympathischer, gut gebauter, aber nein.... nur Möwenkacke!
Das schlägt doch dem Fass den Boden aus, mit Glück hatte es jedenfalls nicht viel zu tun, schimpfte sie in sich hinein.
"Haben Sie das gesehen"? fragte sie, angeekelt von der weichen Masse auf ihrem Kopf, einen jungen Mann der gerade um die Ecke bog. Doch der meinte nur zu ihr, sie solle nicht gleich aus einer Mücke einen Elefanten machen.
Entgeistert sah sie ihn an, wie eine Kuh wenn's donnert und hatte keinen weiteren Bedarf an weiterer Unterhaltung. Der Typ war wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden, wahrscheinlich war mit seiner Frau nicht gut Kirschen essen und jetzt hatte er den Salat.

Aber egal, das war nicht ihr Thema. Wie also einen Mann finden?
Einen backen konnte sie nicht. Bekochen schon, aber ihre Kochkünste waren gerade nicht gefragt. Obwohl, wie hieß es so schön:" Mit Speck fing man Mäuse" und "Liebe geht durch den Magen".
Nun hieß es jedoch erst einmal eine Bleibe zu suchen, was ihr gelang und auch einen kleinen Job fand sie.
Ganz im Sinne ihres Vorhabens schien dieser in einem Biergarten zu Männer-Studienzwecken genau das richtige zu sein. Gut Ding will Weile haben Agatha, denn man sollte nicht alles übers Knie brechen, beschwichtigt sie ihren Unmut darüber, dass sich so gar nichts tun wollte in Sachen " Männerfang".

Fand sie mal einen gut, hatte er gleich mehrere Eisen im Feuer (war also ein besonders aparter Teller ;-)) oder glänzte durch Abwesenheit. Manche fühlten sich wegen Kleinigkeiten auf den Schlips getreten und manch einem würde sie nicht mal im Mondschein begegnen wollen. Dickdumme Kartoffelbauern sah Agatha zumindest so einige.
Auch wenn Lehrjahre keine Herrenjahre waren, wollte sie ihre Studien nun gerne zu Ende bringen und nicht immer nur knapp danebenschießen, denn das war nun mal auch vorbei.
Mitten ins Schwarze sollte Armor den Liebespfeil schießen. Sie beschloss etwas nachzuhelfen, legte ein wenig Farbe auf, quetschte sich in eine etwas zu enge Jeans, viel zu hohe Schuhe und fluchte über die Strapazen, die so eine Optik-Verbesserung  nötig machten, aber wer schön sein will, muss eben leiden.
Was für ein Tag: Schöne Teller=Mangelware und sollte SIE das blinde Huhn sein, so durfte das EINE Korn jetzt gerne endlich in Erscheinung treten.


Tja und dann geschah es wahrlich von ganz alleine. Wie aus dem Ei gepellt stand er vor ihr, das Herz auf dem rechten Fleck und von einem Lächeln umgeben, das ihre Knie weich werden ließ.
Die Schmetterlinge in ihrem Magen veranstalteten eine Show, die Standing Ovations auslöste. Da war er, das Korn des blinden Huhns, die gesuchte Nadel im Heuhaufen, ihr Topf, dem sie gerne als Deckelchen aufs Dach steigen wollte.


Wie sich herausstellte, schien auch er sein Süpplein nicht mehr alleine löffeln zu wollen - beim alleine Essen auch nicht dick werden zu wollen, sondern Freud und Leid mit jemandem teilen zu wollen: MIT IHR!!!
Kurzum, sie wurden ein Paar, heirateten und weil es doppelt besser hielt, fiel auch der Kinderwunsch nach Adebars Ermessen doppelt aus, denn das hielt bekanntlich besser und auf einem Beim konnte man ja sowieso nicht stehen.
Außerdem kam ein Glück selten allein.
So lebten sie noch lange und glücklich und gab es mal schlechte Tage, so folgte doch auch Sonnenschein.
So war das mit Agatha und dem "Sprichwörter Mann".

 

Und da man aufhören soll, wenn es am Schönsten ist, verabschiedet ich mich für heute bei euch ohne ein Zitat, weil mir der Kopf qualmt :)
Eure Elke

 

Und hier die ganzen verwendeten Sprichwörter:

  • Das Leben ist kein Wunschkonzert *
  • Wer A sagt, muss auch B sagen *
  • In den sauren Apfel beißen.
  • Braune Augen sind gefährlich, aber in der Liebe ehrlich *
  • Der erste Eindruck zählt
  • Zu jedem Töpfchen passt ein Deckelchen *
  • Abwarten und Tee trinken
  • Von einem schönen Teller isst man nicht alleine *
  • Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach *  
  • Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
  • Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied *
  • Alles Gute kommt von oben *
  • Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen *
  • Das schlägt dem Fass den Boden aus *
  • Aus der Mücke einen Elefanten machen *
  • Gucken wie eine Kuh, wenn‘s donnert *
  • Mit dem falschen Fuß aufstehen*
  • Mit jemandem ist nicht gut Kirschen essen *
  • Sich einen Mann backen *
  • Mit Speck fing man Mäuse *
  • Liebe geht durch den Magen *
  • Gut Ding will Weile haben *
  • Nichts übers Knie brechen
  • Jemand hat mehrere Eisen im Feuer *
  • Durch Abwesenheit glänzen *
  • Auf den Schlips getreten fühlen *
  • Man mag jemandem nicht im Mondschein begegnen*
  • Abgewandelt: Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln *
  • Lehrjahre sind keine Herrenjahre *
  • Knapp daneben ist auch vorbei *
  • Wer schön sein will muss leiden *
  • Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn*
  • Das Herz auf dem rechten Fleck tragen *
  • Die Nadel im Heuhaufen suchen *
  • Jeder soll sein Süppchen alleine löffeln *
  • Alleine Essen macht dick *
  • Doppelt hält besser *
  • Auf einem Bein kann man nicht stehen *
  • Ein "UN"Glück kommt selten allein *
  • Auf Regen folgt Sonnenschein *
  • Wenn es am Schönsten ist soll man sich verabschieden *

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Kommentare: 1
  • #1

    Barbara Beyer (Mittwoch, 29 Juli 2015 10:13)

    Guten Morgen Elke,
    ich habe eben deine Sprichwörter Geschichte gelesen und bin total begeistert. Das ist auch etwas für Menschen mit Demenz, weil eben diese Sprichwörter im Gedächtnis lange erhalten bleiben und in der Betreuung von Menschen mit Demenz viel mit Sprichwörtern gearbeitet wird. Ich habe bis zur meiner Berentung als Dozentin in der Altenpflegeausbildung gearbeitet. Und deine wunderbare Geschicht ist auch etwas für unser zukünftigen Altenpflegekräfte.
    Wenn du einverstanden bist, würde ich deine Geschichte, natürlich unter deinem Namen an meine ehemaligen Kolleginnen weitergeben.
    Ganz begeisterte Grüße
    Barbara